Dr. Schmy treibt sich ja gerade auf der Gastroenterologie rum. Wo viele Menschen mit Darmerkrankungen sind, sind auch immer viele Menschen mit Durchfall und wo viel Durchfall ist, da sind zur Freude des Personals, das sich dann immer vermummen muss, auch häufig Clostridien. Meist handelt es sich um
Clostridium difficile, ein an und für sich harmloses Bakterium, das in Frieden gekommen ist, unseren Darm zu besiedeln. Da haust es dann. Bombt jetzt der Onkel Doktor mit Antibiotika die Darmflora weg, überleben bei den meisten Antibiotika, die z.B. gegen Mandelentzündung gegeben werden, die anaerob wachsenden Bakterien des Darms, zu denen auch C.difficile gehört. Das Gleichgewicht des Darms ist gestört und C.difficile hat gewonnen.
Ein Assistenzarzt bei mir auf Station sagte, er habe gehört, die wirksamste Therapie gegen endogene Clostridieninfektionen sei die enterale Fremdstuhlspende. Wenn man das Medizinisch auf deutsch übersetzt heißt das:
Die wirksamste Therapie gegen eine Clostridieninfektion, die durch Clostridien entstanden ist, die schon im Darm waren (endogen heißt in diesem Fall: man hat sich quasi dadurch selbst angesteckt, dass ein Keim der immer da war, auf einmal in Darmfloranien geputscht hat und nun Diktator spielt) ist es, anderer Leute Kot zu essen bzw. sich anderer Leute Kot in den Po zu stecken.
Mh, ganz schön eklig, dachte sich Dr. Schmy. Und wie Funktioniert das? Kann man wie bei einer Blutbank eine Stuhlbank erstellen? Wie klingt das überhaupt - ist das jetzt Stuhl oder Bank (ja in meiner Familie ist der Flachwitz genetisch). Die Logik ist ja durchaus bestechend: kommt der Clostridiendiktator, weil die Konkurrenz - sprich die anderen Keime aus Darmfloranien - verschwunden ist mit seinem toxischen Durchfallterror durch, naja, dann muss man ihm halt wieder eine Rebellenmiliz aus Colibakterien und dem ganzen anderen Enterokokkengedöns entgegenstellen. Wenn die sich untereinander bekriegen lassen sie wenigstens den Besitzer des Darms in Ruhe. Und wo bekommt man die besser her, als aus der gesunden Flora eines anderen menschlichen Wesens? Vielleicht hatte mein guter alter Griechischlehrer doch recht, der etwa einmal pro Stunde sagte: "Millionen Fliegen können nicht irren, esst mehr scheiße". Die Natur bieten weitere gute Beispiele: da lecken sich doch vom Affen, über Hund bis Katze und Meerschweinchen alle gegenseitig zur Begrüßung am Po. Ich möchte hier Cahrlotte Roche kein Wasser auf die Mühlen ihrer Selbstdarstellung gießen, aber die Viehcher werden schon wissen warum. Entscheidende Fragen des geneigten Lesers sind sicherlich das wie und obs hilft:
Was sich auf der Homepage des 1.FC Magdeburg findet...
„Ja, wir wollen den Wettstreit zwischen den Fanclubs des 1. FCM und des SCM unterstützen“, sagte Uwe Deh, Vorstand der AOK Sachsen-Anhalt, und legte sich auch selbst bereitwillig auf den Spenderstuhl, um einen halben Liter Blut für die große Sache zu spenden
... hat sicherlich nichts damit zu tun, obwohl die Vorstellung hübsch ist, wie der Uwe da auf einem wohlig durftenden Haufen Spenderstuhl liegt.
Wikipedia (de) drückt sich ein bissel um das wie:
Die Gabe von Keimen der normalen Darmflora in hohen Dosen kann eine Neubesiedelung mit C. difficile zusätzlich verhindern helfen
Tja, heißt das jetzt Scheiße fressen oder nicht Scheiße fressen?
Das deutschsprachige Netz schweigt sich aus zu diesem Thema, da habe ich doch nicht etwa ein Tabu angesprochen? Aber nein, auf der Homepage von
Hans Höting, der sich selbst "Heilpraktiker und Schriftsteller" nennt (Anm. für all diejenigen unter euch, die total auf Heilpraktiker stehen sei an dieser Stelle gesagt: Heilpraktiker darf sich eigentlich jeder nennen, der will), bespricht er das Thema ausgiebig. Ein mutiger Mann. Er beschäftigt sich leider primär mit der enteralen Eigen-Stuhl-Therapie. Aber ich bin der Fremd-Stuhl-Spende schon näher.
Eigen-Stuhl-Therapie
Äußerliche und innerliche Anwendung von Stuhl als Medikament ist seit Jahrtausenden Bestandteil weltweiter Naturheilkunde. Wir setzen in unserer Praxis die in Kliniken der USA allgemein übliche und seit vielen Jahren erfolgreiche Vorgehensweise ein. In den USA werden neuerdings auch Störungen durch chronische Darmerkrankungen erfolgreich mit Fremdstuhl-Klistieren behandelt.
Die innerliche Verabreichung über Mund/Magen erfolgt problemlos mit in Oblaten eingewickeltem Stuhl oder per Verabreichung über Klistier (Anm.: so ne Art Kurzeinlauf). Die äußerliche Anwendung erfolgt tolerierbar über Mischpräparat aus Eigenstuhl plus Heilerde und geruchsneutralisierenden Pflanzenextrakten. In Kliniken wird heute Stuhl gesunder Menschen Patienten mit chronischen Darmerkrankungen per Klistier zugeführt. Darmentzündungen, Blähbauch, gestörtes Darmmilieu, Darmpilzbefall, Schwäche der Verdauungsdrüsen, blockiertes Abwehrsystem, Schwäche von Organ und vor allem der Schleimhaut, werden so reguliert.
Die Eigenstuhlbehandlung scheint deutlich beliebter, als die mit Fremdstuhl. So gibt es zum Beispiel auch die Seite
http://www.eigenstuhl.de/, deren profesionelles Layout Hinweise auf die modernen Methoden der Therapeuten gibt.
Die Methodik ist einfach, der Patient wird an Bauch und Rücken etwa 5cm dick mit seiner eigenen Sch**** eingeschmiert
(Anm: da muss man ja wohl einige Zeit sammeln bis man solche Mengen zusammen hat), die mit feuchten Tüchern für ca. eine Stunde vor dem Austrocknen bewart wird. Wenn man das nur oft genug wiederholt verbessert sich angeblich Konzentrationsfähigkeit, Wohlbefinden und man fühle sich frischer und sei den Herausforderungen von Beruf und Familie besser gewachsen.
Ich glaube es gibt Dinge, die ich nicht ausprobieren muss. Es ist immerwieder faszinierend, womit manche Leute Geld verdienen. Wozu studiere ich eigentlich 6 Jahre, wenn ich einfach Leute mit ihrer eigenen Ka**e mumifizieren könnte?
Aber wir sind der enteralen Fremdstuhlspende noch nicht direkt auf den Fersen.
Abhilfe verschaffen die
Österreicher, denn die mögen bekanntlich alles, was braun ist.
Wiederherstellung der Darmflora mit Spenderstuhl
Bei Patienten mit häufig rekurrierender CDAD (Anm.: Clostridium difficile assoziierte Erkrankung) soll durch die Verabreichung von bei gesunden Menschen gewonnenem Spenderstuhl eine normale Stuhlflora und damit die Elimination von C. difficile erreicht werden. Es ist bisher die Verabreichung von frischem, mit Kochsalzlösung verflüssigtem Stuhl rektal mittels Einlauf, endoskopisch (Anm.: mit Schlauch durch den Po) ins Kolon (Anm: = Dickdarm) /terminale Ileum (Anm. = letztes Stück vom Dünndarm, bevor der in den Dickdarm mündet) oder mittels Nasogastralsonde (Anm = Magensonde, Schlauch durch Nase in den Magen, dann muss man immerhin den Stuhl nicht kauen... Hans Höting hat ja Oblaten empfohlen) in den Magen beschrieben. Bei letzterer Untersuchung erhielten 18 Patienten nach dem 3. Rezidiv einer CDAD filtrierten Fremdstuhl über eine nasogatrale Sonde, wobei ein Patient an einer Peritonitis (Anm: Bauchfellentzündung. Sehr schmerzhaft), ein anderer Patient an einer Pneumonie (Anm: Lungenentzündung, auch nicht so schön)verstarb [Aas 2003]. Die Stuhlapplikation über die Nasogastralsonde ist daher abzulehnen. Die rektale oder endoskopische Stuhlapplikationen war bei den wenigen beschriebenen Patienten erfolgreich [Schwan 1984, Tvede 1989].
Diese sehr experimentelle Therapie sollte für „auswegslose Fälle“ vorbehalten bleiben [Surawicz 2004, Miller 2007].
Dank der Österreicher weiß ich nun schon mal, wer zu diesem Thema publiziert hat. Da ich leider keinen PubMed-Zugang von zu Hause aus habe und zu faul bin, so einen Scheiß (im wahrsten Sinne des Wortes) extra in der Uni zu recherchieren, komme ich leider nicht an mehr als die Abstracts der Arbeiten, aber die sind schon aufschlussreich genug. So finde ich dann wenigstens einige der englischen Schlagwörter zu diesem schönen Thema:
Fecal bacteriotherapy hat einen eigenen Wikipedia englisch Eintrag, auch die Canadier sind nicht schüchtern und beschreiben in einem tollen Artikel mit dem Titel
"Don't poo-poo technique: Fecal transplant can cure superbug, doctors say" die Vorteile der Clostridientherapie mit der Fremdstuhlspende.
Also was lernt uns Dr.Schmy: die enterale Fremdstuhlspende ist zwar eine Therapieoption, aber sicherlich nicht die unkomplizierteste. Der Spender sollte sorgfältig ausgewählt sein und der Stuhl muss über komplizierte Verfahren aufgearbeitet werden. Große Studien fehlen bisher (insgesamt konnte ich weniger als 20 kleinere Studien und Fallberichte und ein Review aller dieser kleinen Artikel finden. Am liebsten beschäftigen sich mit diesem Thema übrigens Australier, Finnen und Italiener - klar, die müssen da ja auch nur ein bissel im Po fischen), aber der Erfolg bei gut gewählter Technik scheint vorhanden. Wenn schon enterale Stuhlspende, scheint die rektale - also durch den Po - Verabreichung der durch den Magen vorzuziehen, denn 2 Tote auf 18 Testpersonen sind immerhin 11% Letalitätsrisiko, heißt mehr als jeder zehte stirbt daran (Naja, habe keine randomisierten controllierten klinischen Studien gefunden, und die Patienten waren schon Therapieversager bei allen anderen Optionen).
Hat der Assistenzarzt wohl nur halb gelogen... Aber bei aktueller Studienlage, rät Dr.Schmy vorerst noch von der enteralen Fremdstuhlspende ab (vor allem von der nasogastralen), zumindest bis die Technik ausgereifter ist und die Ergebnisse (vermutlich über 90%ige Heilung von Clostridien durch Fremdstuhlspende) von einer randomisierten kontrollierten Studie bewiesen wurden.
P.s. Und wer jetzt glaubt ich bin eklig: nein das bin ich nicht. Ich wollte diese Aussage nur nicht stehen lassen, ohne sie mal nachrecherchiert zu haben. Dass ich den geneigten Leser daran Teilhaben lassen möchte, ist doch normal.